Pressemitteilung der VVN-BdA Hessen vom 24.01.2024
24. Januar 2024
Die doppelte Bedeutung des 27. Januar
In diesem Jahr verbindet die VVN-BdA das Holocaust-Gedenken zum 27. Januar mit der Erinnerung an die Opfer der Blockade von Leningrad und unterstützt die berechtigten Forderungen der Überlebenden. Der sowjetischen Armee gelang das Durchbrechen des Blockaderings der NS-Wehrmacht am 27. Januar 1944.
In den Eroberungsplänen des deutschen Faschismus nahm der Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 einen besonderen Platz ein. Es ging um die Rohstoffreserven der UdSSR und die industriellen Kapazitäten im Westen der Sowjetunion. Im „Fall Barbarossa“ waren diese Ressource fest eingeplant, um einen Krieg gegen die UdSSR überhaupt führen zu können. Die nach Osten vorrückende Wehrmacht sollte sich aus den Vorräten der örtlichen Bevölkerung versorgen und damit den dort lebenden Menschen, die als „slawische Untermenschen“ betrachtet wurden, die Lebensgrundlage nehmen. Zudem war es ein ideologisch motivierter Vernichtungskrieg gegen den „jüdisch-bolschewistischen Feind“.
Ende August 1941 erreichten die faschistischen Heere Leningrad, das heutige Petersburg. Erobern konnten sie die Stadt nicht. Am 8. September 1941 wurde der Blockadering geschlossen. Damit war die Großstadt, in der damals etwa drei Millionen Menschen lebten, im Süden durch deutsche Truppen und ihre spanischen Verbündeten, im Norden von finnischen Einheiten blockiert. Nur über den Ladogasee konnten zeitweise und unter großen Gefahren Lebensmittel und andere Versorgungsgüter in die Stadt gebracht werden. Die Blockade Leningrads und das Aushungern der Bewohner war Teil der verbrecherischen Kriegsführung der Nazis in Osteuropa, die mit dem Begriff „Vernichtungskrieg“ treffend charakterisiert wird. Vor über zwanzig Jahren sprach der Jenaer Historiker Jörg Ganzenmüller von einem „Genozid durch bloßes Nichtstun“. Mehr als eine Million Menschen starben während der Belagerung an Hunger und Mangelernährung. Dennoch haben die Menschen in Leningrad der faschistischen Blockade widerstanden und ein Zeichen gesetzt, dass die „unbesiegbare“ Wehrmacht an ihre Grenzen stößt. Der Überlebenskampf der Einwohner und der sowjetischen Armee, die im Winter die Versorgung der Menschen über die zugefrorene Ostsee organisierte, sind unvergessen.
Ein ganz eigenes skandalöses Kapitel ist der Umgang mit den Opfern und ihren Angehörigen des faschistischen Vernichtungskrieges durch die Bundesrepublik Deutschland. Seit Jahrzehnten lehnt die Bundesregierung jegliche Zahlung individueller Entschädigungen an nichtjüdische Bürger der damaligen Sowjetunion bzw. des heutigen Russlands grundsätzlich ab.
In einem offenen Brief an die Bundesregierung vom Herbst letzten Jahres beklagen die letzten Überlebenden der Blockade: „Mittlerweile sind wir weniger als Sechzigtausend, alles Menschen verschiedener Nationalitäten, die die Gräuel der belagerten Stadt überlebten.“ Sie verurteilen die Weigerung Berlins, eine für jüdische Überlebende zugesagte Entschädigung „auf alle heute noch lebenden Blockade-Opfer ohne Ansehen ihrer ethnischen Zugehörigkeit auszuweiten“. Schließlich hätten die deutschen Hungermordpläne „keine Ausnahmen aufgrund von Nationalität“ gekannt. „Wir appellieren an die deutsche Bundesregierung, die einzig richtige Entscheidung nicht hinauszuzögern und die humanitären Auszahlungen auf ausnahmslos alle Blockade-Überlebenden auszuweiten.“
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