Landesversammlung 2017
Die diesjährige Landesversammlung fand am Samstag, den 18. Februar 2017 in der Kongresshalle in Gießen statt. In Gießen gründeten Antifaschistinnen, Widerstandskämpferinnen und Verfolgte des Naziregimes im Februar 1947 die Landesvereinigung der hessischen VVN. Wir würdigen einige der Gründungsmitglieder durch eine Ausstellung, in der wir diese Persönlichkeiten porträtieren. Ein ausführlicher Bericht ist in der Gießener Zeitung nachzulesen: http://www.giessener-zeitung.de/giessen/beitrag/116986/70-jahre-vvn-mit-erfahrung-in-die-zukunft-gegen-faschismus-rassismus-und-krieg/. Wir danken der Journalistin Martina Lennartz für den ausführlichen Bericht und die vielen Fotos.
Der SprecherInnenkreis wurde neu gewählt. Unter „Wer wir sind„ steht dazu mehr.
Die Landesversammlung hat unter anderem die folgenden Anträge verabschiedet:
Wir verteidigen die Hessische Verfassung!
Vor 70 Jahren fand in Hessen eine breite gesellschaftliche Debatte über die Zukunft des Landes statt. Es ging um einen antifaschistisch-demokratischen Neuanfang nach den Erfahrungen mit der faschistischen Terrorherrschaft im Inneren und dem verheerenden Krieges gegen alle Nachbarvölker. Alle Nazigegner wollten politische Konsequenzen ziehen, die Faschismus und Krieg ein für alle Mal aus dem Leben der Völker verbannen sollten. Und in diesem Sinne formulierte man – bei allen politischen Unterschieden – gemeinsame Eckpunkte in der Hessischen Landesverfassung, die die Forderung „Nie wieder!“ absichern sollten. Am 1. Dezember 1946 wurde diese Verfassung von der überwältigenden Mehrheit der hessischen Wähler angenommen.
Anlässlich des 70jährigen Jubiläums erheben sich nun Stimmen in der Landesregierung und andren gesellschaftlichen Kräften, die eine Revision dieser Verfassung fordern. Mit Hinweis auf die immer noch in der Landesverfassung enthaltene Todesstrafe erklärt man, es sei notwendig, nicht mehr zeitgemäße Aussagen der Verfassung zu streichen und eine neue Fassung zur Abstimmung zu stellen.
Wenn man jedoch genauer hinschaut, geht es bei der Verfassungsrevision überhaupt nicht um die „Todesstrafe“, die gemäß Grundgesetz sowieso obsolet ist. Es geht vielmehr um die Eliminierung von Verfassungsgrundsätzen, die der heutigen politischen Wirklichkeit im Wege stehen. Dazu gehören unter anderem
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die Sanktionierung wirtschaftlicher Macht in Art. 39 (1): Jeder Mißbrauch der wirtschaftlichen Freiheit – insbesondere zu monopolistischer Machtzusammenballung und zu politischer Macht – ist untersagt. (2) Vermögen, das die Gefahr solchen Mißbrauchs wirtschaftlicher Freiheit in sich birgt, ist auf Grund gesetzlicher Bestimmungen in Gemeineigentum zu überführen.
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der Sozialisierungsparagraph Art. 41: (1) Mit Inkrafttreten dieser Verfassung werden 1. in Gemeineigentum überführt: der Bergbau (Kohlen, Kali, Erze), die Betriebe der Eisen- und Stahlerzeugung, die Betriebe der Energiewirtschaft und das an Schienen oder Oberleitungen gebundene Verkehrswesen; 2. vom Staat beaufsichtigt oder verwaltet: die Großbanken und Versicherungsunternehmen und diejenigen in Ziffer 1 genannten Betriebe, deren Sitz nicht in Hessen liegt.
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das Aussperrungsverbot in Art 29: (4) Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerkschaften den Streik erklären. (5) Die Aussperrung ist rechtswidrig.
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Und nicht zuletzt das Friedensgebot der Verfassung: Art. 69 (1) Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung. Der Krieg ist geächtet. (2) Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig.
Neben diesen Kernthemen gibt es weitere Artikel, aus denen sich Handlungsoptionen für eine demokratische Gestaltung dieses Landes ableiten lassen. Für alle Demokraten und Antifaschisten muss es deshalb in dieser politischen Auseinandersetzung darum gehen, den antifaschistischen Gehalt der Hessischen Landesverfassung zu verteidigen. Natürlich ist uns bewusst, dass auch in Hessen die Kluft zwischen Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit sehr groß ist. Dennoch bietet die noch gültige Verfassung vielfältige Ansatzpunkte für eine andere politische Wirklichkeit. Diese Option für eine gesellschaftliche Alternative sollten und dürfen wir als Antifaschisten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.
Daher rufen wir auf:
– Verteidigt mit uns den antifaschistischen Gehalt und die Werte und Grundsätze der bestehenden Hessischen Verfassung!
– Keine Änderung der Verfassungsgrundsätze!
– Für die Bewahrung und den Ausbau der im Jahr 1946 entwickelten sozialen und demokratischen Rechte!
Ringen wir mit der Verfassung für ein antifaschistisches Hessen!
45 Jahre Radikalenerlass – Rehabilitierung und Wiedergutmachung stehen immer noch aus
Vor 45 Jahren erließen die Ministerpräsidenten der Bundesländer unter dem Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt am 28. Januar 1972 den sogenannten Radikalenerlass. Wenn Jahre später Willy Brandt den Radikalenerlass einen „Irrtum“ nannte, so gibt es Anlass darüber nachzudenken, wie weit Repression, Berufsverbote und politische Überprüfungen durch den Verfassungsschutz auf die nachfolgenden Generationen und ihr politisches Engagement wirkten und wirken. Am „Fall“ von Silvia Gingold wird deutlich, dass der hessische Geheimdienst immer noch und immer weiter in antidemokratischen Denkweisen unterwegs ist. Wir fordern die Auflösung dieser Behörde, die sich „Verfassungsschutz“ nennt, aber alles tut, nur nicht die Verfassung schützen. Ein Geheimdienst ist dazu auch die denkbar ungeeignetste Einrichtung. Erforderlich für eine solche Aufgabe ist ein demokratisch legitimiertes und kontrolliertes Gremium. Die Gefahr von Berufsverboten aufgrund von Denunziationen durch die Geheimdienste ist heute bei weitem nicht gebannt, wie der aktuelle „Fall“ unseres Kameraden Kerem Schamberger aus München zeigt. Mit über einem halben Jahr „Verspätung“ konnte Kerem nun endlich im Januar 2017 seine Arbeitsstelle an der Münchner Universität antreten. Der bayrische Geheimdienst verzögerte seine Einstellung. Dank großer Solidarität gelang die Einstellung schließlich. Die hessische VVN-BdA fordert, dass sämtliche Erlasse und Regelungen aufgehoben werden, die im Zusammenhang mit dem Ministerpräsidentenerlass vom 28. Januar 1972 (sog. „ Radikalenerlass“ ) ergangen sind. Gegenüber den von Berufsverbot Betroffenen ist eine entsprechende Entschuldigung vorzunehmen. Sie sind umfassend zu rehabilitieren sowie ggf. zu entschädigen. Darüber hinaus erwarten wir eine geschichtliche Aufarbeitung und die politische Rehabilitierung. Es muss eingestanden werden, welcher Schaden durch den Radikalenerlass für die demokratische Entwicklung in diesem Land entstanden ist. Wir fordern die Fraktionen des Hessischen Landtages auf, entsprechende Schritte von der Landesregierung einzufordern.
Zum Hintergrund (aus der Begründung eines Antrags der IG Metall auf ihrem Gewerkschaftstag 2015)
Der sog. „ Radikalenerlass“ wurde 1972 von den Ministerpräsidenten der Länder und dem damaligen Bundeskanzler Brandt beschlossen. Zur Abwehr von angeblichen „ Verfassungsfeinden“ sollten „ Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten“ , aus dem öffentlichen Dienst ferngehalten bzw. entlassen werden. Mithilfe der sog. „ Regelanfrage“ wurden etwa 3,5 Millionen Bewerberinnen und Bewerber vom Verfassungsschutz auf ihre „ politische Zuverlässigkeit“ durchleuchtet. In der Folge kam es nach offiziellen Angaben der Bundesregierung gegenüber der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu rund 11.000 Berufsverbots- und 2.200 Disziplinarverfahren, 1.250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen. Der Erlass diente der Einschüchterung von aktiven Linken und führte zu Gesinnungsschnüffelei, Einschränkung der Meinungs- und Organisationsfreiheit und Zerstörung von Lebensgrundlagen. Was Beschäftigte politisch zu denken und zu tun haben, wurde staatlichen Organen überlassen. Unter den von Berufsverbot Betroffenen waren … auch zahlreiche spätere Mitglieder und Funktionäre und Funktionärinnen der Gewerkschaften, die infolge der Verweigerung ihres ursprünglichen Berufs zu anderen Berufsperspektiven gezwungen wurden. Die ILO erklärte 1987 die Berufsverbote-Praxis für unvereinbar mit dem Übereinkommen Nr. 111 von 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte 1995 fest, dass gegen die Europäische Menschenrechtskonvention von 1953 verstoßen wurde, mit der Folge von Schadensersatzansprüchen. Die Berufsverbote verstoßen gegen die „ Charta der Grundrechte der Europäischen Union“ von 2010 und die EU-Antidiskriminierungs-„ Richtlinie zur Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung vom 27. November 2000 – 2000/78/EG“ und deren deutsche Umsetzung, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006. Daran sind Ministerpräsidenten und Landesparlamente gebunden. Auf Antrag Betroffener hat die Bürgerschaft in Bremen 2012 im Zuge des 40. Jahrestages des Radikalenerlasses einstimmig beschlossen, ihn vollständig abzuschaffen und einen Ausgleich bei der Altersvorsorge in Aussicht gestellt. In Niedersachsen wurde 2014 mit den Stimmen aller Fraktionen im Landtag der Beschluss „ Radikalenerlass – ein unrühmliches Kapitel – Kommission zur Aufarbeitung der Schicksale der von Berufsverbot betroffenen Personen einrichten“ gefasst. Ein entsprechender Beschluss wurde im Niedersächsischen Landtag im Dezember 2016 bekräftigt. Im Übrigen wurden jedoch Petitionen Betroffener, die auch von GEW und ver.di unterstützt werden, von mehreren Landtagen und dem Petitionsausschuss des Bundestags abgelehnt. Ein Eingeständnis, dass der Erlass Unrecht war und eine Rehabilitierung der politisch Gemaßregelten stehen bis heute aus und müssen von allen Bundesländern beschlossen werden.
Gegen Militarisierung der Gesellschaft – Keine Bundeswehreinsätze im Ausland
Die Kämpfe um die künftigen Machtverhältnisse auf der Welt haben längst begonnen. Die Regierenden Deutschlands möchten dabei „neue Verantwortung übernehmen“. Viele der Kriege, vor denen Millionen Menschen auf der Flucht sind, finden vor dem Hintergrund dieser Auseinandersetzung statt und in vielen dieser Kriege ist die Bundeswehr bereits im Einsatz. Auch eines der vier Bataillone, die nach den Beschlüssen des Warschauer NATO-Gipfels im Juli 2016 ständig an der russischen Grenze stationiert sein werden, wird unter deutschem Kommando stehen.
Im Juli 2016 hat Verteidigungsministerin von der Leyen das neue „Weißbuch“ vorgestellt, in dem die politischen Grundlagen für die künftige Entwicklung der Bundeswehr festgelegt sind. Was zu befürchten war, wird darin bestätigt: Mit seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014, in der er verkündete, Deutschland sei „auf dem Weg zu einer Form der Verantwortung, die wir noch nicht eingeübt haben“, hat der damalige Bundespräsident Gauck einen grundlegenden Kurswechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik angekündigt. Mit dem Weißbuch wird der auch vom damaligen Außenminister Steinmeier und von der Leyen formulierte militärische Führungsanspruch zur offiziellen Regierungspolitik.
Aufrüstung wird zum Milliardengrab So heißt es im „Weißbuch“: „Deutschland ist ein in hohem Maße global vernetztes Land, das aufgrund seiner wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung, aber auch angesichts seiner Verwundbarkeiten in der Verantwortung steht, die globale Ordnung aktiv mitzugestalten.“ Entsprechend muss die Bundeswehr aufgerüstet werden. Ziemlich gleichzeitig mit Gaucks „bahnbrechender“ Rede erteilte von der Leyen den Auftrag zur Überprüfung der Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Das Ergebnis führte zur öffentlichen Skandalisierung eines angeblich maroden Ausrüstungsstands, der nun bis 2030 mit 130 Milliarden Euro für neues Kriegswerkzeug behoben werden soll.
Rüstungsproduktion und -export sind wesentliche Fluchtursachen Hier kommt das Wirtschaftsministerium ins Spiel, das den Erhalt der „rüstungstechnologischen Kernkompetenzen“ zum zentralen außen- und sicherheitspolitischen Interesse der Bundesrepublik Deutschland erklärt. Da die deutsche Rüstungsindustrie aber von deutschen Aufträgen allein nicht leben kann, werden Rüstungsexporte zur Staatsräson. Weltweit sind mehr als 60 Millionen Menschen auf der Flucht, Fluchtgrund Nummer 1 sind nach wie vor Kriege. Dass im Jahr 2015 so viele Rüstungsgüter exportiert wurden wie in keinem Jahr zuvor, straft alle Reden von der Bekämpfung der Fluchtursachen Lügen.
Bundeswehr ist kein „normaler Arbeitgeber“: Weil die Bundeswehr in immer mehr Kriegen „Verantwortung“ übernimmt, fehlt es an Personal, das mit zynischen Plakat-Kampagnen, in Schulen, Arbeitsämtern und Jobcentern rekrutiert werden soll. Jugendlichen wird das Kriegshandwerk als Mischung aus Abenteuer und Lebensperspektive serviert, schon Kleinkinder durften beim „Tag der Bundeswehr“ auf Panzer klettern und durch Zielfernrohre von Gewehren gucken.
Dieser Entwicklung setzen wir unseren entschiedenen Widerstand entgegen.
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Kooperation statt NATO-Konfrontation,
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Abrüstung statt Sozialabbau!
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Umstellung von Waffen- auf zivile Produktion,
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Schluss mit den Waffenexporten!
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Kein Werben fürs Töten und Sterben!
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Die VVN-BdA ist aktiver Teil der Friedensbewegung. Wir rufen unsere Mitglieder auf, am bevorstehenden Ostermarsch und weiteren Aktivitäten der Friedensbewegung teilzunehmen.
Der Schwur von Buchenwald bleibt unser Handlungsauftrag: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“
Der Landesausschuss wurde beauftragt, diese Erklärung zu überarbeiten, um sie aktuell zu halten und beispielsweise die neue Haltung zur NATO zu berücksichtigen.
Gemeinsam gegen Rassismus und Rechtsextremismus!
Bundesweit ist ein deutliches Erstarken rassistischer und rechter Strömungen zu verzeichnen. Auch in Hessen standen Parolen gegen „Islamisierung“ und „Überfremdung Deutschlands“ bei Aufmärschen und Kundgebungen von Pegida-Gruppierungen und Auftritten und Versammlungen der AfD im Kommunalwahlkampf im Mittelpunkt. Mittlerweile wird die AfD von Menschen aus allen Bevölkerungsschichten, Altersgruppen und Geschlechtern gewählt, obwohl ihre Programmatik mit der Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit, der Abschaffung der Erbschafts- und Vermögenssteuer eindeutig die Begüterten bevorzugt. Von den bei den Kommunalwahlen angetretenen 789 KandidatInnen erhielt die AfD 289 Mandate in Hessen. Auf den ersten 10 Listenplätzen der AfD in Hessen für die Bundestagswahlen 2017 stehen ehemalige Republikaner (Peter Münch), Antisemiten (Martin Hohmann) und Pegida Aktivisten (Manfred Mattis) und Aktivistinnen (Christine Anderson), die bewusst gemeinsam mit militanten Neofaschistinnen und Neofaschisten bei Veranstaltungen auftreten. Dieses verstärkte Auftreten von rechten Propagandisten im parlamentarischen und außerparlamentarischen Raum trägt mit dazu bei, dass Angriffe auf Gedenkstätten, Flüchtlingsheime, Moscheen, Unterkünfte von Roma und Sinti, Übernachtungsstätten von Wohnsitzlosen und Treffpunkte von Flüchtlingsinitiativen erschreckend oft stattfinden. Häufig bleiben Fahndungserfolge nach diesen Anschlägen aus. Die hessische Regierungspolitik trägt nicht konsequent dazu bei, diese rechte Hetze einzudämmen. Die Aufklärung von Nazi-Verbrechen wie die NSU Morde wird und wurde durch die hessische Verwaltung bis in Regierungskreise hinein stark behindert. Die Politik der Bundesregierung veränderte sich nach den AfD-Wahlerfolgen und unter dem Druck der CSU in Richtung Abschottung der Außengrenzen Europas, verschärfter Gesetzgebung zu Aufenthaltserlaubnis und Nachzug von Familien von geflüchteten Menschen (Asylpaket II) nach Deutschland sowie zu Abschiebungswellen von Geflüchteten in angeblich sichere Herkunftsländer. Das Institut für Menschenrechte verurteilt dies als Menschenrechtsverletzung. Das Zurückdrehen von demokratischen Errungenschaften wie die doppelte Staatsbürgerschaft durch Kräfte innerhalb der CDU-CSU ist ein Beispiel für die Anbiederungsversuche der bürgerlichen Parteien an die Rechts-Populisten. Andererseits heißen in Deutschland über 50 Prozent der Bevölkerung Flüchtlinge willkommen, und etwa zehn Prozent sind mit Flüchtlingsarbeit in Berührung. In Hessen haben sich ebenfalls viele Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit engagiert, sie versuchen die strukturellen Defizite der sozialen Versorgung durch Städte, Kreis und Land aufzufangen und abzumildern. Diese praktische Gegenbewegung gegen Rechts unterstützt die VVN-BdA durch aktive Beteiligung ihrer Mitglieder bei der Flüchtlingsarbeit. Die Gründungsmitglieder der VVN vor 70 Jahren hatten selbst Erfahrung mit Flucht, Emigration und Erleiden von Verfolgung und Terror sammeln müssen. Die VVN/ BdA positioniert sich in aller Klarheit gegen Rassismus, Rechtsextremismus und jede andere Form von Menschenfeindlichkeit und wird weiter einen aktiven Beitrag zur Prävention und Bekämpfung von Diskriminierung und antidemokratischen Entwicklungen in der Gesellschaft leisten. So hat sich VVN/BdA an zahlreichen Kundgebungen und Demonstrationen gegen AfD-Versammlungen und Aufmärsche beteiligt. Sie wirkt führend in der Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“ mit und führt in Hessen erfolgreich „StammtischkämpferInnen“-Ausbildungen durch. Sie erwirbt ein Exemplar der Anti AfD Ausstellung der Bundesvereinigung und wird diese im Wahljahr 2017 und darüber hinaus in Hessen zeigen.
Im gemeinsamen Handeln mit antirassistischen und antifaschistischen Gruppen und Initiativen treten wir ein für folgende Forderungen:
- Gegen alle Formen rassistischer Gewalt, konsequente Verfolgung rassistischer Straftäter!
- Keine soziale Selektion nach Staatsangehörigkeit zulassen, d.h.
- Kein Ausspielen von Arbeitskräften deutscher oder migrantischer Herkunft
- Bereitstellung von ausreichendem bezahlbarem Wohnraum für alle Menschen in unserem Land
- ausreichende soziale Versorgung von Menschen in Not – unabhängig von ihrer Herkunft.
- Schluss mit der entwürdigenden Abschiebepraxis, keine Abschiebung in Kriegs- und Krisengebiete!
- Für ernsthafte gesellschaftliche Integration von Migranten und Flüchtlinge, d.h. Rückgängigmachung des Asylpakets II und ausreichendes Sprachkursangebot
- Die doppelte Staatsbürgerschaft muss bleiben!
Anhang
Peter Münch Listenplatz 2 ehemaliger Aktivist bei den Republikanern, deswegen schon einmal bei der AfD des Landesvorsitzes enthoben, kandidiert auf Listenplatz 2. Der ehemalige CDU MdB Martin Hohmann aus dem Wahlkreis Fulda wurde nach einer antisemitischen Rede aus der CDU ausgeschlossen und kandierte bei der letzten Kommunalwahl für die AfD; er kandidiert nun auf Listenplatz 4 der hessischen AfD für den Bundestag. Manfred Mattis aus Kassel Listenplatz 8: Der Rechtsanwalt unterstützte die wöchentlichen Kagida-Demon¬strationen regelmäßig mit Redebeiträgen. Auch nachdem die FR detailliert berichtet hatte, dass bei den Auf¬märschen NPD-Leute und andere offen Rechtsextreme als Ordner eingesetzt würden, hielt der vormalige CDU-Politiker an seinem Engagement fest – und nahm die Kagida in Schutz. Christine Anderson, Rednerin bei den verschiedenen Auftritten von Pegida in Frankfurt und auch Rednerin bei Widerstand Ost West am 20.06. zusammen mit Lars Mindrup, der als Anmelder der Hogesa -Demonstration in Hannover am 15.11. 2014 als Anmelder abgelehnt worden (Verherrlichung des Neofaschismus und Holocaustleugnung) war, kandidiert auf Listenplatz 9. Junge Alternative Hessen Vorstandsmitglied Patrick Andreas Bauer hat Kontakte zu den Neurechten Identitären . Bereits im April 2015 trat er als Redner auf einer Veranstaltung der „Bürger für Deutschland“ auf, dem von Heidi Mund gegründeten Pegida-Ableger in Frankfurt. Weitere Redner an diesem Tag waren unter anderem der rechte Blogger Michael Mannheimer und Esther Seitz vom „Widerstand Ost-West“. Quellen: In der Ausgabe vom 25. Januar 2015 des Wetzlarer Kuriers veröffentlichte Irmer einen Meinungsbeitrag zum Thema „Islamistischer Terror und Christenverfolgung“. In derselben Ausgabe erschien zudem eine Anzeige des Vereins Die Deutschen Konservativen, in der für eine Broschüre geworben wurde, die die Gefährlichkeit des Islam belegen soll. Da dieser Verein 1995 vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft worden war, löste die Werbeanzeige harsche Kritik innerhalb der hessischen CDU aus. Infolgedessen trat Irmer am 31. Januar von seinen Ämtern als Vize-Fraktionsvorsitzender und bildungspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion zurück.[17].
Kampf gegen Neofaschismus notwendiger denn je
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil über den Bundesrats-Antrag auf Verbot der NPD die „Wesensverwandtschaft“ der NPD mit dem Hitlerfaschismus festgestellt, und dass die NPD die Demokratie und die bestehende Verfassungsordnung beseitigen und einen „autoritären Nationalstaat“ errichten will, dass sie die Menschenwürde aller missachtet. Die NPD arbeite „planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin“.
Das Gericht hat bestätigt, dass die NPD eine im Widerspruch zur Verfassung stehende und aktive neofaschistische Partei ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat dennoch ein Verbot der NPD abgelehnt mit der Begründung, es fehle „an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt“ (Leitsatz 9 des Urteils vom 17.01.2017).
Die angenommene „Erfolglosigkeit“ der NPD erübrigt nach Meinung des Gerichts ein Verbot. Damit stellt sich die Frage, ob erst ein Erfolg der NPD-Politik abgewartet werden soll, um ein Verbot zu begründen.
Alle Erfahrungen mit der Entwicklung zur Naziherrschaft in Deutschland widersprechen einem solchen Verhalten des Abwartens und Gewährenlassens. Im Erfolgsfall der NPD-Politik ist es für ein Verbot zu spät. Neofaschistische Politik gefährdet viele Menschen und ein friedliches Zusammenleben bereits gestern und heute.
Die vom Gericht behauptete Erfolglosigkeit der NPD lässt außeracht, dass die Kader und Propaganda der NPD Einfluss auch auf andere Organisationen und Gruppierungen bis in die sogenannte Mitte hinein haben.
Das Nichtverbot der NPD trotz Wesensverwandtschaft mit dem Hitlerfaschismus stellt eine Art Freibrief für neofaschistische Politik, Propaganda und Hetze dar. Neonazis werden sich bestärkt fühlen, nunmehr erst recht weiterzumachen.
Dieser Gefahr müssen und werden wir verstärkt entgegentreten. Der Kampf gegen Neofaschismus und Rassismus ist notwendiger denn je. Alle demokratischen Kräfte der Zivilgesellschaft müssen diesen Kampf führen. Das sind wir auch den Verfolgten und Opfern des Faschismus schuldig.
Wir bleiben dabei:
Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!
NPD-Verbot ist nötig!
VVN-BdA weist Angriffe des Amtes für Verfassungsschutz zurück
Die Landesvereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten in Hessen weist mit Nachdruck die verleumderischen Darstellungen und Verfälschungen des Landesamtes für Verfassungsschutz über die VVN-BdA zurück.
Das Amt behauptet tatsachenwidrig, die VVN-BdA sei eine „linksextremistisch beeinflusste Organisation“, deren Bestrebungen „gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ gerichtet seien. Die VVN-BdA sei „dem orthodox-kommunistischen Antifaschismus verpflichtet“ und trete demzufolge „für eine sozialistisch/kommunistische Diktatur“ als „einzig konsequente Alternative zu ‚faschistischen‘ Gefahren“ ein. Die VVN-BdA verfolge „als Ziel die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft“. *)
Für alle diese Behauptungen existiert nicht ein einziger Beleg.
Tatsache ist: Die VVN-BdA ist eine überparteiliche, generationenübergreifende Organisation von Antifaschistinnen und Antifaschisten, gegründet vor 70 Jahren von Widerstandskämpferinnen und -kämpfern gegen den Faschismus, von Verfolgten und Opfern des Naziregimes, – was man von bundesdeutschen Geheimdiensten nicht behaupten kann.
Tatsache ist: Gründungsmitglieder der VVN-BdA aus nahezu allen demokratischen Parteien haben die Hessische Verfassung mit erarbeitet. Antifaschisten sind nach wie vor Verteidiger dieser Verfassung.
In der Mitgliedschaft der VVN-BdA gibt es unterschiedliche Weltanschauungen und Faschismusdefinitionen. Keine ist für alle Mitglieder verpflichtend.
Die VVN-BdA ist keine sozialistische Organisation und hat deshalb auch nicht einen Sozialismus zum Ziel. Das hindert uns allerdings nicht daran, auf Anfälligkeiten im Kapitalismus gegenüber autoritären, antidemokratischen, kriegstreiberischen und faschistischen Strömungen hinzuweisen.
Überdies ist festzuhalten: Im Gegensatz zur Darstellung des Verfassungsschutzamtes, in der Demokratie mit Kapitalismus gleichgesetzt und damit ein wesentlicher Verfassungsgrundsatz verfälscht wird, ist das Eintreten für einen Sozialismus keineswegs gegen die Verfassung, vielmehr eine Option der Hessischen Landesverfassung.
Wir wenden uns entschieden gegen die verleumderischen Behauptungen des Landesamtes für Verfassungsschutz.
Wir bleiben der feierlich abgelegten Verpflichtung unserer Gründer, den Faschismus mit seinen Wurzeln zu vernichten, verbunden. Wir verwahren uns gegen eine Verunglimpfung und bewusste Falschinterpretation des Schwurs von Buchenwald, wie dies der hessische Verfassungsschutz getan hat.
Wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass die Angriffe des Verfassungsschutzes unseren Kampf gegen Neofaschismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit nicht beeinträchtigen.
Wir fordern die Hessische Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die VVN-BdA nicht weiter „Beobachtungsobjekt“ des Verfassungsschutzes ist.
Wir bitten alle demokratischen Kräfte, uns in diesem Kampf weiterhin zu unterstützen.
*) alle Zitate stammen aus der Klageerwiderung des Landesamts für Verfassungsschutz in Sachen Silvia Gingold ./. Land Hessen