Minimalkonsens Antifaschismus
2. März 2020
Zum 20 jährigen Attac-Jubiläum, am 15. Februar 2020, hat Ferda Ataman in der Frankfurter Paulskirche eine Rede gehalten und erklärt, warum Antifaschismus ein bürgerlicher Konsens unter allen Demokrat*innen sein muss. Die universelle Parole, die aus Verantwortung der deutschen Geschichte hervorgeht, laute: „Keine Zusammenarbeit mit Nazis. Ganz einfach.“
Hier haben wir aus dieser bemerkenswerten Rede einige Passagen wiedergegeben. Die ganze Rede kann auf der Homepage von neue deutsche organisationen nachgelesen werden. Es lohnt sich!
Ferda Ataman sagte: „Wir leben in einer Zeit, in der eine bisweilen faschistische, stramm nationalistische Partei erschreckend viele Wähler*innenstimmen bekommt und in allen Parlamenten sitzt.
Wir leben in einer Zeit, in der der Chef des Bundesverbands der Feuerwehr sich gegen die AfD positioniert – und am Ende gehen muss.
Etwa zur gleichen Zeit bekommt die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ die Mitteilung, dass ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt wird.
Anfang letzten Jahres, das wissen Sie, entschied der Bundesfinanzhof über die Gemeinnützigkeit von Attac und erklärte, dass die „Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung […] keinen gemeinnützigen Zweck erfüllt.“ So allgemein formuliert ist diese Aussage fatal und demokratieschädigend. Auch Vereine von Schwarzen Menschen und People of Color bekommen inzwischen Briefe vom Finanzamt, weil die Frage nicht geklärt ist, ob Engagement gegen Rassismus und Empowerment für Minderheiten gemeinnützig ist.“
Weiter: „…meine kluge Freundin und Kollegin Sheila Mysorekar stellte neulich fest: ‚Wir Schwarzen Menschen und People of Color sind gerade so etwas wie die Kanarienvögel der Gesellschaft.‘ Kanarienvögel wurden früher beim Bergbau mit in den Schacht genommen und funktionierten als Warnsignal. Wenn sie verstummten oder umkippten, wussten die Arbeiter: jetzt nichts wie raus hier, zu viele giftige Gase. Kanarienvögel reagieren empfindlicher auf Sauerstoffmangel als Menschen.
Auch viele BPoC reagieren gerade empfindlicher auf die Gefährdung der Demokratie, als die meisten weißen Menschen – so mein Eindruck. Anders als die Kanarienvögel verstummen wir aber nicht. Im Gegenteil: Migrant*innen und Deutsche of Color werden immer lauter. Sie warnen klar deutlich, dass die Luft immer dünner wird.
Wissenschaftlich ist nachgewiesen, dass es keinen Rechtsruck in den Einstellungen der Bevölkerung gibt. Aber die Kanarienvögel unter uns können bezeugen: Deutschland hat sich verändert. Die menschenfeindliche Stimmung ist toxischer geworden. Rechte und Rechtsextreme sind mutiger und übergriffiger. Die Bedrohung ist gestiegen. Menschen of Color leben gefährlicher als früher in diesem Land.“
Sie stellt fest: „Umso wichtiger ist es, dass wir den Begriff „Antifaschismus“ wieder bürgerlich machen. Er macht die Dimension deutlich, um die es geht: nämlich nicht um ein paar Neonazis am äußersten rechten Rand, sondern um unsere Demokratie.“ Mit Verweis auf die Gründungseltern des Grundgesetzes erinnert sie daran: „Unsere Verfassungsväter und -mütter waren kluge Leute und – damals selbstverständlich – Antifaschist*innen. Sie wussten, dass antidemokratische Gewaltherrschaften nicht für immer aus der Welt sind. Deswegen haben sie das Grundgesetz dagegen gerüstet. Was wir brauchen, damit die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie funktioniert, sind standhafte, verlässliche Politiker*innen, die den Antifaschismus als kleinsten gemeinsamen Nenner aller demokratischen Parteien betrachten.
Die universelle Parole, die aus Verantwortung der deutschen Geschichte hervorgeht, muss lauten: Keine Zusammenarbeit mit Nazis. Ganz einfach.“
Ganz einfach!