Lotte Schmidt

Lotte Schmidt (1912 – 1995)

Lieselotte, genannt Lotte Schmidt, geborene Kirchner, kam noch im Kaiserreich zur Welt, am 3. Juni 1912. Das Erleben zweier Weltkriege, der Weimarer Republik und ihres Unterganges, des Nazi-Regimes und des antifaschistischen Widerstandes, schließlich die Befreiung: dies alles prägte Lotte Schmidt und ihr politisches Handeln.
Lotte Schmidts politischer Lebensweg war in ganz besonderem Maße geprägt durch ihr sozialdemokratisches Elternhaus: Karl Kirchner, ihr Vater, war bis 1933 Vorsitzender der SPD-Fraktion im Frankfurter Stadtparlament, er wurde mehrfach inhaftiert und starb 1945.

Ihre berühmte Mutter, Johanna Kirchner, war führend tätig in der SPD und in der Arbeiterwohlfahrt. Mit der Emigration der Mutter nach Frankreich 1933 und ihrer dortigen Arbeit für den SPD-Vorstand eng verbunden war die Widerstandsarbeit von Tochter Lotte: Bei vielfachen Treffen mit der Mutter in der Schweiz und in Luxemburg überbrachte sie Nachrichten und Material aus Deutschland. Auf der Rückreise brachte sie Materialien ihrer Mutter, die vom Parteivorstand kamen, nach Deutschland.

Mehrfach wurde Lotte Schmidt, wie ihr Mann Emil Schmidt, der aktiv im Widerstand arbeitete, inhaftiert: 1934, 1937 und dann 1942, wo sie im Polizeigefängnis in Frankfurt auf ihre inzwischen ebenfalls verhaftete Mutter traf, die 1944 in Plötzensee hingerichtet wurde.

Nach 1945 war Lotte Schmidt weiterhin politisch sehr aktiv: im Fränkischen Kreis, in der Arbeiterwohlfahrt, im Kulturbund, in der VVN, in der ÖTV, im Studienkreis Deutscher Widerstand 1933 bis 1945, dessen Vorsitzende sie zeitweise war.

Vor allem aber wurde sie für eine große Zahl von Jugendlichen zur einprägsamen Zeitzeugin in Schulen, bei alternativen Stadtrundfahrten, vor dem Frankfurter Polizeigefängnis im Klapperfeld.
Von der Stadt Frankfurt am Main wurde sie 1991 mit der Medaille geehrt, die den Namen ihrer Mutter Johanna Kirchner trägt.

Lotte Schmidt verstarb am 19. August 1995 in Frankfurt am Main.

Sie gehörte zu den Gründerinnen der hessischen VVN. Wir haben ihr eine Tafel in unserer Ausstellung ‚75 Jahre VVN‘ gewidmet.

Quelle: Zukunftsentwurf Antifaschismus, Ulrich Schneider, Bonn, 1997